Das gab es noch nie im Hafen! 41 Rollstuhlfahrer feierten auf der „MS Louisiana Star“ im Hafen und auf der Elbe bei Kaffee und Kuchen, bei Schlagern nonstop.

„Ich liebe das Leben“ hieß eines der Schlager, die Peter Sebastian, Tina Heeschen und Matthias Marquart auf der Bühne zum Besten gab. Für ein paar Stunden an Bord genossen auch 41 Rollstuhlfahrer ihr Leben in vollen Zügen, rollten im Takt der Musik auf dem Tanzboden und sangen aus voller Kehle die bekannten Texte mit.

Drei Stunden wie auf einem schwimmenden Schlagermove von den Landungsbrücken elbaufwärts bis zum Falkensteiner Ufer mit der „MS Louisiana Star“. Käpt’n Tobias Krause legte persönlich mit Hand an, um die 41 Rollstuhlfahrer sicher an Bord des barrierefreien Schiffs zu manövrieren, begrüßt und begleitet von dem Hamburger Original – der Zitronenjette. Roman Abicht, Juniorchef der Rainer Abicht Elbreederei, ließ es sich nicht nehmen, seine Gäste mit Kaffee, Kuchen und Getränken zu bedienen. „Meine Mutter Iris hatte die Idee dieser Veranstaltung, gemeinsam mit Peter Sebastian haben wir sie verwirklicht. Beide haben schon einiges zusammen auf die Beine gestellt. Fünf unserer 31 Schiffe sind inklusive Handicap-WC absolut barrierefrei, der Rest kann ebenfalls von Rollstuhlfahrern genutzt werden, weil wir auch Menschen mit Einschränkungen Hafenrundfahrten ermöglichen wollen.“

Diesmal ist das Vergnügen gratis für die Rollis und ihre Begleitung. Das markante Schiff im Mississippi-Dampfer-Look samt Service stellte die Reederei, Timo Schröder von „Hamburg Harbour Event“ und dem Feuerschiff spendierten die Gastronomie, das Hard Rock Café kleine Geschenke. „Da ich selbst beim Service mitgemacht habe, konnte ich hautnah erleben, wie sehr sich die Gäste gefreut haben“, sagt Roman Abicht.

Mit seinem Inklusions-Truck hat Musikproduzent, Entertainer, Sänger und Organisator Peter Sebastian, der auch Botschafter der Hamburger Polizei für unfallgeschädigte Kinder ist, schon mehrmals beim Schlagermove und auf dem Christopher Street Day dafür gesorgt, dass auch Rollis Spaß an den Veranstaltungen haben: „Es soll auch ein Dank sein an die Betreuer, als Zeichen für den Zusammenhalt. Es gibt 1,5 Millionen Rollstuhlfahrer in Deutschland. Ich möchte wenigstens einen Teil von ihnen glücklich machen. Für die Schifffahrt hatten sich insgesamt 130 beworben, leider konnten wir nur 41 mitnehmen.“

Eine von ihnen ist Ulla Dieck, die von ihrem Mann Jens im Rhythmus der Schlager über die Tanzfläche geschoben wird. Seit 2011 leidet sie an einer Schmerzerkrankung, die ihre Gelenke verkrüppeln lässt: „Meine rechte Seite kann ich nicht mehr bewegen und musste deshalb meinen Job beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (SHZ) aufgeben. All die Jahre hat Jens zu mir gehalten und hilft mir durch die Schmerzen, wenn sie zu stark werden.“ „Unser Haus haben wir so umgebaut, dass Ulla überall hinkommt“, fügt Jens Dieck an. „Gerade haben wir unsere Silberhochzeit gefeiert“, sagt der Bankkaufmann „Danach sind wir ins Baltikum gefahren. Ich bin sehr stolz auf meine Frau, die mit einer Hand malt, bastelt, näht, im Förderverein für Unfall geschädigte Kinder ist und im Chor „Heidgrabener Liedertafel“ singt. Nie ist sie wehleidig. Weil sie so stark ist, gibt sie auch mir die Kraft, weiterzumachen.“

Unglaublich selbständig ist auch Daniela Hartwig aus Göttingen, die mit ihrem schwerbehinderten Sohn Adrian (7) nach Hamburg gekommen ist. Die blinde Frau ist alleinerziehend, hat zwei Kinder. Schon mehrmals war sie auf dem Inklusions-Hausboot „Huckleberry Finn“, das Arnold Schnittger für seinen ebenfalls schwerbehinderten Sohn Nico (30) gebaut hat und der mit Nico und dessen Mutter Bärbel ebenfalls an Bord ist. „Was Peter Sebastian mit seinem Team und der Familie Abicht hier auf die Bühne gestellt haben, ist großartig“, sagen sie unisono.

Mit Michael Moormann von „Wohnen mit Assistenz am Hafentor“ sind Martina Staab und Detlef Seidel an Bord gekommen. Beide haben dort eine gemeinsame Paarwohnung. „Wenn man mit Menschen im Rollstuhl arbeitet, sieht man die Stadt mit anderen Augen, sieht die Hindernisse. Die größte Herausforderung im Job? Mit den psychischen Belastungen klar zu kommen. Heute habe ich ein bisschen Pipi in den Augen, weil sich Martina und Detlef so freuen.“ „Wir unterstützen uns gegenseitig im Alltag“, sagt Detlef. „Er engagiert sich sehr für Barrierefreiheit“, sagt Martina. „Gerade hat er an den HVV gemailt, weil der Aufzug an den Landungsbrücken nicht funktioniert.“

Als Betreuer Von „Pflegen & Wohnen Alsterberg“ nimmt Laszlo Zsors mit acht Rollstuhlfahrern an der Elbfahrt teil. „Ich bin sehr dankbar für ihre Dankbarkeit, für die Veranstaltungen, die wir für sie organisieren, für die Gespräche.“ Einer der Rollis ist Jens: „Ich bin Epileptiker und lebe seit März im Heim. Emotional komme ich damit noch nicht klar. Umso dankbarer bin ich für die seelische Unterstützung der Betreuer, für Erlebnisse wie heute, die sie uns ermöglichen.“

„Die kleinen, alltäglichen Freiheiten waren für mich selbstverständlich – bis zu dieser einen Sekunde, in der alles anders wurde“, bringt Peter Sebastian die Erfahrungen vieler Rollis in seiner Ansprache auf den Punkt. „Die Unterstützung meiner Familie, Freunde und Betreuer wird zu meinem Rettungsanker.“ Text Dagmar Gehm.“ Fotos INFINITY

Hier geht es zu den Fotos der Veranstaltung: Peter Sebastian – Rollifahrer Einladung auf der MS Louisiana Star