Page 8 - Magazin August 2021
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8  INFINITY  August 2021






























                          Kleines Mädchen schiebt einen Kinderwagen, 1904, von Paula Modersohn-Becker






                                 Der Familie ihrer Mutter verdankte Paula Becker, dass sie im
                                 Frühjahr 1896, nach Berlin fahren konnte, um dort an einem Kurs
                                 an der Zeichen- und Malschule des Vereins der Berliner Künstle-
                                 rinnen teilzunehmen. Ab Oktober 1896 begann sie eine einein-
                                 halbjährige Ausbildung in der Porträtmalerei bei Jacob Alberts
                                 und Martin Körte, erlernte Aktmalerei bei Ernst Friedrich Haus-
                                 mann  sowie in Landschaftsmalerei bei Ludwig Dettmann. Die
                                 von ihr besuchte Malschule war sehr angesehen; elf Jahre zuvor
                                 hatte Käthe Kollwitz an der sogenannten „Damenakademie“ des
                                 Vereins der Berliner Künstlerinnen ihre Ausbildung begonnen.
                                 Ein Studium an einer Kunstakademie war ihr als Frau dagegen
                                 verwehrt. Nach dem Abschluss des sechswöchigen Kurses
                                 konnte Paula Becker ihren Unterricht an der Schule fortsetzen. In
                                 ihrer Ausbildung dominierte der Zeichenunterricht, bei dem nach
                                 lebenden Modellen gearbeitet wurde. Erst wer das Zeichnen
                                 sicher beherrschte, wurde zu den Malklassen zugelassen.


                                 Aus dieser Zeit existiert noch eine Reihe von Aktzeichnungen
                                 von Paula Becker. Im Februar 1897 wurde sie zu der ersten
                                 Malklasse bei Jeanna Bauck, einer Künstlerin, an der Damen-
                                 akademie des Vereins der Berliner Künstlerinnen zugelassen,
                                 wo  sie überwiegend Porträts malte. Auf Jeanna Bauck, von
                                 der Paula Becker begeistert war, ist ihr Wunsch zurückzuführen,
                                 eine Zeit lang in Paris zu leben. Den Sommer 1897 verbrach-
                                 te sie wieder in Bremen. Sie unternahm mit der Familie im
                                 Rahmen des elterlichen Hochzeitstages einen Ausflug nach
                                 Worpswede. Zusammen mit ihrer Berliner Malerfreundin Paula
                                 Ritter blieb sie einige Wochen dort. Im Oktober 1897 nahm
                                 sie ihre künstlerische Ausbildung in Berlin bei Jeanna Bauck
                                 wieder auf. Von hier reiste sie nach Dresden zur „Internationa-
                                 len Kunstausstellung Dresden 1897“ am königlichen Großen
                                 Garten. Zu einem Eintrittspreis von 50 Pfennig sah sie etwa
                                 die Werke von Monet, Overbeck und Sisley u. a. m., aber auch
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