Page 19 - Magazin April 2023
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          Seine Namensgebung verdankt das ehemalige Kon-
          torhaus dem Reeder Henry B. Sloman. Da es in Ham-
          burg üblich war Kontorhäuser einen Namen zu geben,
          entschied  sich  sein  Bauherr  für  „Chilehaus".  Eine  Er-
          innerung an seine 32-jährige Tätigkeit in Südamerika.
          Schon in den Jahren zuvor hatte die Reederei Rob. M.
          Sloman ihr 1908–1910 erbautes Kontorhaus am Baum-
          wall  nach  seinem  Bauherrn,  Slomanhaus  benannt.

          Der für damalige Verhältnisse gigantische Gebäude-
          komplex, gilt heute als eines der bedeutendsten Bau-
          werke  des  Expressionismus.  Eine  Besonderheit  der
          Bauweise war der damals neue Stahlbetonskelettbau,
          der es ermöglicht, die Innenwände bei Bedarf immer
          wieder zu verschieben.

          Um die damals vom Bauherren gewünschte Gesamt-
          fläche zu erhalten, musste das Chilehaus mindestens
          neun bis zehn Stockwerke hoch werden. Um den mas-  Kunst am Bau
          sigen Gesamteindruck dieses „Hochhauses“ abzumil-
          dern entschied sich Höger bei den  oberen Stockwer-
          ken  für  eine  Staffelgeschoss-Ausführung.  Baubeginn
          war der 14. Mai 1922. Die Übergabe an den Bauherrn
          erfolgte im Februar 1924. Während der Bauphase wer-
          den  die  Planungen  immer  weiter  verfeinert.  Ebenso
          wird  die  für  das  Chilehaus  charakteristische   Spitze
          immer wieder umgeplant.

          In  einem  nachgelassenen  Aufsatz  wird  von  17  Se-
          natsanträgen  zum  Bau  berichtet.  Zunächst  fanden
          Högers Entwürfe weder beim Bauherrn noch bei der
          Fassadenkommission  wenig  Gefallen,  da  diesen  der
          monumentale Bau mit etwa 2.800 gleichen Fenstern
          zu langweilig und monoton erschien. Zur Auflockerung
          der Dachkonstruktion erarbeitete Höger als neue Lö-
          sung Staffelgeschosse, die dem Bauherrn dann wie-
          derum als zu neumodisch erschienen.

          Die Gesamt-Baukosten wurden bedingt durch die Infla-
          tion sowie die anschließende Währungsumstellung bei
          der Fertigstellung 1924, auf rund 10 Millionen Reichs-  Innenhof – der Blick nach oben
          mark geschätzt. Inzwischen gibt es sogar Bestrebun-
          gen,  das  Kontorhausviertel  samt  Speicherstadt  von
          der  UNESCO  zum  Weltkulturerbe  erklären  zu  lassen.

          Heute zählt der Monumentalbau im Hamburger Kon-
          torhausviertel zu einem der sehenswertesten Gebäu-
          de der Hansestadt. Seine besondere Architektur lockt
          nicht  nur  tausende  Touristen  jährlich  an,  inzwischen
          haben  sich  auch  zahlreiche  Geschäfte  sowie  ange-
          sagte Restaurants hier niedergelassen. Zudem ist das
          inzwischen  denkmalgeschützte  Gebäude  gleichzeitig
          einer  der  modernsten  Bürokomplexe  Hamburgs.  Es
          besticht durch seinen einzigartigen Charme: denn die
          hellen  High-Tech-Büros  bilden  einen  reizvollen  Kon-
          trast  zur  prächtigen  Fassade  des  historischen  Bau-
          denkmals.  Es  ist  zugleich  eines  der  imposantesten
          Gebäude  im  Hamburg,  dessen  spitz  zulaufender  Giebel
          wie ein Schiffsbug anmutet                         Ein markanter Innenhof zeichnet das Chilehaus ebenfalls aus
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